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Großer Preis von Italien in Monza, 11. September 1938. Rudolf Caracciola (Startnummer 12) vor einem weiteren Mercedes-Benz Silberpfeil W 154 - Zeichnung von Walter Gotschke.Mit den legendären Fights von Caracciola, Rosemeyer, Nuvolari & Co. ist vor allem ein Datum verknüpft: Der 3. Juni 1934 gilt als die Geburtsstunde der berühmten „Silberpfeile“. Und deren Wiege stand mitten in der Eifel – am Nürburgring.

Der Nürburgring war erst ein paar Jahre alt, als die Zeiten unruhig und wechselhaft wurden: Auf der einen Seite prägten Weltwirtschaftskrise und Rennabsagen die frühen Jahre der Strecke, auf der anderen Seite wurden in den 30er Jahren großartige Motorsport-Feste mit legendären Triumphen gefeiert. Selbstverständlich auch am Nürburgring, der in diesem Jahr seinen 90. Geburtstag feiert. Es war die Ära der großen Duelle zwischen den legendären Silberpfeilen von Auto Union und Mercedes. Einzig Alfa Romeo konnte da mithalten und trug sich ebenfalls in die Siegerlisten ein. Mit den legendären Fights von Caracciola, Rosemeyer, Nuvolari & Co. ist vor allem ein Datum verknüpft: Der 3. Juni 1934 gilt als die Geburtsstunde der berühmten „Silberpfeile“. Und deren Wiege stand mitten in der Eifel – am Nürburgring. Großer Preis von Deutschland auf dem Nürburgring, 25. Juli 1937: Kurz nach dem Start in der Südkehre liegen im Mercedes-Benz Formel-Rennwagen W 125 Hermann Lang mit der Startnummer 16 und der spätere Sieger Rudolf Caracciola mit Startnummer 12 an der Spitze des Feldes. Dahinter Bernd Rosemeyer und Hans Peter Müller, beide auf Auto Union, gefolgt von Manfred von Brauchitsch (Platz zwei), ebenfalls auf Mercedes-Benz W 125.<br>Foto: Archiv Daimler AGGroßer Preis von Deutschland auf dem Nürburgring, 25. Juli 1937: Kurz nach dem Start in der Südkehre liegen im Mercedes-Benz Formel-Rennwagen W 125 Hermann Lang mit der Startnummer 16 und der spätere Sieger Rudolf Caracciola mit Startnummer 12 an der Spitze des Feldes. Dahinter Bernd Rosemeyer und Hans Peter Müller, beide auf Auto Union, gefolgt von Manfred von Brauchitsch (Platz zwei), ebenfalls auf Mercedes-Benz W 125.
Foto: Archiv Daimler AG


Die ersten zehn Jahre des Nürburgrings waren wirtschaftlich harte Zeiten. Von 1929 bis 1932 verdoppelte sich das Heer der deutschen Arbeitslosen nahezu. Und die Kassen waren auch im Motorsport klamm. Zwei Rennen – das alljährliche Eifelrennen sowie der Große Preis von Deutschland – markierten die ganzen 30er Jahre hindurch die Saisonhöhepunkte am Nürburgring. Meist fanden sich genügend Teams und Werke, um den Zuschauern ein paar Stunden Abwechslung und Motorsportspannung zu bieten. Doch 1930 und 1933 musste der „Große Preis“ abgesagt werden. 1932 verkündete Mercedes sogar seinen vorläufigen Rückzug aus dem Motorsport. So musste Rudolf Caracciola, der Eifelrennen und Grand Prix 1931 noch mit dem Stern auf der Motorhaube gewonnen hatte, auf Alfa Romeo umsatteln. Der Remagener siegte im italienischen Modell ’32 bei beiden Höhepunkten. Beim Eifelrennen 1933 gewann der Italiener Tazio Nuvolari.


Rasante technische Entwicklung

Aber auch das waren die 30er: eine Ära des technischen Fortschritts. Immer mehr Zuschauer reisten im Auto oder mit dem Bus zum Nürburgring. Die Motoren- und Fahrwerkstechnik machte riesige Sprünge. Im Automobilbau, dem Luft- und Schienenverkehr, in der Schiffstechnik – überall ging es nun höher, weiter und schneller. Es waren genau diese Meisterwerke der Ingenieure, die in einem goldenen Zeitalter des Motorsports eine Krönung fanden: den großen Duellen zwischen den „Silberpfeilen“ von Mercedes, den „Silberfischen“ der Auto Union und (zumindest zu Beginn) der Alfa Romeo.


„Los Jungs, Farbe runter“: Geniale Notlösung wird zur Legende

Bis 1934 dauerte es, bis sich die Wirtschaft einigermaßen erholt hatte. Wenn auch die Löhne mager und die Zeiten nicht wirklich rosig waren: Die Werke witterten Morgenluft und brachten ihre aufregenden Renngeräte an die Strecken. Eine neue 750-kg-Formel versprach für die Saison Hochspannung, denn Dr.-Ing. Porsche hatte für Auto Union einen Mittelmotor-Rennwagen entwickelt und Dr. Kissel mit einem Frontmotor-Modell für Mercedes gekontert. Das erste Zusammentreffen sollte beim Eifelrennen auf dem Nürburgring stattfinden. Doch die Legende erzählt, dass Mercedes-Motorsportchef Alfred Neubauer gleich zwei Rückschläge einstecken musste: Sein Star Caracciola ist von einem Unfall in Monaco noch nicht genesen, sodass eines der drei Cockpits verwaist bleibt. Großer Preis von Deutschland auf dem Nürburgring, 23. Juli 1939. Personen von links gesehen: Hermann Lang, Rennleiter Alfred Neubauer und der spätere Sieger Rudolf Caracciola.<br>Foto: Daimler AG Und – noch schlimmer – statt der zulässigen 750 kg Gewicht (ohne Öl, Kühlwasser, Reifen und Sprit) wiegt der Rennwagen ein Kilo zu viel. Neubauer löst das Problem, indem er die weiße Farbe von den Grand-Prix-Wagen abschleifen lässt. Das Kommando „Los Jungs, Farbe runter“, wird von ihm kolportiert, und tatsächlich schafft es das Team auf diese Weise, das Gewichtslimit einzuhalten: Die Legende der Silberpfeile ist geboren. Zur Krönung gewinnt Manfred von Brauchitsch an diesem Tag und macht die Geburtsstunde perfekt.


Zwei Marken sorgen für Spannung: Mercedes und Auto Union

Die Geschichtsbücher beweisen übrigens, dass Mercedes- und Auto-Union-Modelle bereits vor dem legendären Eifelrennen 1934 in silberner Farbe auf die Strecke gingen. Doch auch Neubauer erzählte die Geschichte von der nächtlichen Schleif-Aktion später auf diese Weise und trug so dazu bei, dass sie heute längst zum Standard-Repertoire der schönsten Motorsportlegenden gehört. Doch ob Wahrheit oder Legende – über eines sind sich alle Motorsport-Historiker einig: Dem ersten Duell von Auto Union und Mercedes beim Eifelrennen folgen grandiose weitere, und die beiden Marken prägen den Grand-Prix-Sport der 30er. Nur 1935 konnte sich am Ring noch einmal Tazio Nuvolari im Alfa Romeo beim Großen Preis in die Siegerliste eintragen. Er profitierte von einem Reifenschaden des führenden von Brauchitsch 500 Meter vor dem Ziel und ging anschließend als Sieger durchs Ziel. Caracciola holte dafür den Lorbeer beim Eifelrennen und gewann bis 1939 auch noch zwei Mal (1937 und 1939) den Großen Preis. Am Ring war Bernd Rosemeyer für Auto Union der überragende Pilot, der 1936 den Grand Prix und zwei Mal (1936 und 1937) das Eifelrennen gewann. Richard Seaman (GP 1938) und Hermann Lang (Eifelrennen 1939) komplettieren die Siegerliste mit Mercedes-Triumphen. Längst ist aus den Duellen in diesen Jahren auch eine politische Machtdemonstration geworden. Die nationalsozialistischen Machthaber hatten denMotorsport als Propagandamittel entdeckt, um die vermeintliche deutsche Überlegenheit auf technischem Gebiet zu demonstrieren. Auch die Vorbereitungen für den Krieg sind schon in vollem Gange. Rund 100.000 Zuschauer bejubeln am 23. Juli 1939 beim Großen Preis von Deutschland noch einmal ihre Motorsport-Helden. Caracciola holt in einem spannenden Regenrennen den Sieg, während über dem „Ring“ das Luftschiff „Graf Zeppelin“ schwebt – unter anderem als Relaisstation für die reichsweite Rundfunkübertragung. Sechs Wochen später ist Krieg, und damit kommt auch der Motorsport für lange Zeit zum Erliegen.

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