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Die 28. Auflage der berühmt-berüchtigten Wüsten-Tour glänzt mit klassischer Route und bekannten Namen. Von wegen die Wüste lebt, spätestens ab dem 2. Januar 2006 bebt sie. Denn dann nimmt der Tross der Rallye Dakar afrikanischen Boden unter die Räder.Der Startschuss fällt am 31. Dezember in Lissabon, von wo die - passend zur Wüstenlotterie von einem Wettanbieter gesponserte Rallye - auf die Reise geht.

Rallye Dakar 2006: größer, härter, schneller
Das europäische Vorspiel bleibt auch bei der 28. Auflage des Marathon-Klassiker Nebensache. Eine Tagesetappe am Neujahrstag bis an die Spanische Küste und Europa liegt hinter dem Feld. Richtig heiß wird es erst auf dem schwarzen Kontinent.


Race-Unimog von Gerhard Walcher und Stefan Niemz. Foto: Auto-Reporter

Hier stehen weitere 8000 Gesamtkilometer, davon 4750 km Wertungsstrecke, auf dem Programm - Action garantiert. Telegen aufbereitet kommt die Mammuthatz tagesaktuell in die gute Stube. Mediale Konkurrenz im Januar: keine! Sicher ein Grund, warum Hersteller wie Volkswagen und Mitsubishi Gefallen an der Dakar finden. Auch wenn die Grand Dame der Marathonfahrten - und dies ist die andere Seite der Medaille - mit zahlreichen Unwägbarkeiten und Tragödien (49 Todesopfer in 27 Jahren) aufwartet.


Team Schlesser. Foto: Auto-Reporter

Dennoch, der kollektive Wüsten-Wahn scheint stärker - wie das neuerliches Rekordfeld bestätigt: Nach 2004 (563 Fahrzeuge) und 2005 (695) gehen diesmal 747 Fahrzeuge (187 Autos, 240 Motorräder 80 Racetrucks sowie 240 Servicefahrzeuge) ins Rennen. 40 Nationalitäten sind mit von der Partie. Zuwachs auch in anderen Bereichen: Mit 15 Fahrerinnen steigt die Zahl der weiblichen Piloten in Autos und Trucks ebenso, wie die der Debütanten. Hier verzeichnet die Statistik ein Plus von acht Prozent. Die prominentesten Vertreter: Volkswagen-Neuzugang und zweimalige Weltmeister Carlos Sainz sowie seine Rallye-Kollegen, der sechsmaliger Deutsche Meister Matthias Kahle, der frühere österreichische Champion Raphael Sperrer sowie der belgische WM-Pilot Freddy Loix. Vom charismatischen Spanier Sainz abgesehen, müssen die Rallyeprofis froh sein, durchzukommen, geschweige vorne mitzumischen. Den Sieg machen andere unter sich aus.


Renault-Buggy von Raphael Sperrer und Ola Floeme des bayrisch-österreichichen 2drive-Teams. Foto: Auto-Reporter

Das Duell heißt Mitsubishi gegen Volkswagen. Die japanische Werksmannschaft und ihr französischer Toppilot Stéphane Peterhansel sind bei der härtesten Rallye der Welt das Maß der Dinge. Zusammen wiederholte man im Januar diesen Jahres den Sieg aus 2004. Für Mitsubishi war das der fünfte Erfolg in Folge und zehnte insgesamt. Nur die Leistungen von "Peter dem Großen" überstrahlen die Bilanz seines Arbeitgebers. Er gewann die Dakar nicht nur zum zweiten Mal mit dem Auto, sondern siegte zuvor sechsmal auf dem Motorrad.


Team xRaid BMW. Foto: Auto-Reporter

Auch seine drei Teamkollegen, allesamt wie Peterhansel mit einem Mitsubishi Pajero Evo (Reihen-Sechszylinder 4,0l mit rund 206 kW/ 280 PS) der neusten Generation am Start, wissen was sie tun. Luc Alphand, Ex-Ski-Weltcupgewinner, surfte bei der vergangenen Ausgabe auf Gesamtrang zwei. Hiroshi Masuoka gewann 2002 und 2003. Juan Roma siegte auf dem Motorrad 2004 und landete beim Debüt im Auto 2005 auf Rang sechs.


Mitsubishi Team bei der Dakar 2006. Foto: Auto-Reporter/Dakar

Die Wolfsburger Autobauer haben für diese 28. Auflage der Dakar kräftig aufgerüstet. Statt vier nun fünf VW Race Touareg 2 (Reihen-Fünfzylinder 2,5l-Doppelturbodiesel, ca. 202 kW/ 275 PS) allesamt komplette Neukonstruktionen. Dazu über 20 Servicefahrzeuge und rund 75 Begleitpersonen. Mechaniker, Ingenieure, Computer- und Wetterspezialisten, Ärztin und Physiotherapeut kümmern sich um die Toppilotin Jutta Kleinschmidt, die als erste Frau 2001 triumphierte, und ihre Teamkollegen, den Marathon-Weltcup-Gewinner 2005 und Dakar-Sieger von 1993, Bruno Saby sowie Giniel De Villiers, Mark Miller und eben Doppelweltmeister Carlos Sainz.

Daneben schielen die werksunterstützten Topteams von X-raid BMW aus dem hessischen Trebur und die französische Equipe Schlesser-Ford auf einen Podestplatz. Die von Sven Quandt geführte X-raid-Truppe bringt drei neuentwickelte BMW X3 CC (Reihen-Sechszylinder 3,0l-Doppelturbodiesel mit rund 210 kW/ 285 PS sowie einen nahezu baugleichen X5 an den Start. Topfahrer ist Nasser Al-Attiyah aus Katar. Das Team Schlesser schickt erstmals drei heckangetriebenen Buggys (V8, 5,4l, ca. 213 kW/ 290 PS) in die Wüste. Klar, dass dabei der Patron und zweimalige Dakar-Sieger (1999/2000) Jean-Louis Schlesser höchstselbst den Werksteams den Schneid abkaufen will. Am 15. Januar wird man wissen, ob im das gelungen ist. Denn dann hat die Hightech-Karawane das Ziel der wilden Wüsten-Wallfahrt erreicht. Den Lace Rose vor den Toren der senegalesischen Hauptstadt Dakar.


Der neue xRaid BMW. Foto: Auto-Reporter

Gemischtes Gewühle: Man spricht vermehrt deutsch
Die Teilnehmer sind für das Duell in der Wüste gerüstet. VW gegen Mitsubishi, Jutta Kleinschmidt gegen Stéphane Peterhansel - so heißen die Zweikämpfe um die Vorherrschaft bei der 28. Auflage der berühmt-berüchtigten Rallye Dakar. Vom 31. Dezember bis 15. Januar gehen insgesamt 747 Fahrzeuge (187 Autos, 240 Motorräder 80 Racetrucks sowie 240 Servicefahrzeuge auf die 15 Tagesetappen mit einer Gesamtlänge von 9043 Kilometer. Davon entfallen auf die Wertungsprüfungen 4813 Kilometer.


Volkswagen Race Touareg 2006. Foto: Auto-Reporter/Volkswagen

Vor allem für Volkswagen geht es dabei um vieles. Schließlich soll nach der Zielankunft 2004 und dem Podiumsplatz 2005 nun der historische Diesel-Sieg her! Zu hoch ist der Millionen-Einsatz, den VW bei der erstmals durch einen Wettanbieter gesponserte jährlichen Wüstenlotterie einsetzt. Das VW Team stehen damit ebenso unter Erfolgsdruck, wie Kleinschmidt, die Speerspitze in der Fahrer-Riege der norddeutschen Werksmannschaft. Mit einem völlig neu entwickelten VW Race Touareg 2 (Reihen-Fünfzylinder 2,5l-Doppelturbodiesel, ca. 275 PS) will die 43-Jährige ihren damals historischen Erfolg von 2001 wiederholen. Unterstützt wird sie von einem rund 75-köpfigen Wolfsburger Wüstenteam und vier Teamkollegen: Dem amtierenden Marathon-Weltcup-Gewinner Bruno Saby, der zweimalige Rallyeweltmeister Carlos Sainz sowie der Südafrikaner Giniel De Villiers und der US-Amerikaner Mark Miller.


Volkswagen Race Touareg 2006. Foto: Auto-Reporter/Volkswagen

Gänzlich anders ist der Anspruch des Schwaben-Duos Gerhard Walcher und Stefan Niemz. Im vergangenen Jahr noch im skurrilen Pritschenlaster gescheitert, will Walcher nach drei ebenso glücklosen Versuchen mit einem Motorradgespann endlich den Lace Rose vor den Toren der senegalesischen Hauptstadt Dakar erreichen. Damit dies gelingt, geht der Fahrradhändler mit einem 330 PS (6,5l) starken Race-Unimog ins Rennen. Noch mehr Leistung steht nur Franz Echter im werksunterstützten MAN-Race-Truck zur Verfügung. Zusammen mit Peter Göbel, ansonsten Beifahrer im Skoda Fabia WRC von Matthias Kahle, und Edwin van Dooren, donnert Echter im 8,5 Tonnen schweren Race-Brummi durch die Wüste. 650 PS und 3000 Nm aus 12,8 Liter Hubraum sollten dem Truck-Trio genügen, um bei der von Kamaz, Daf und Tatra dominierten Bulli-Parade vorne mitzumischen.

Zumindest im Service-Biwak könnte Navigator Göbel seinem Stammfahrer Kahle begegnen. Nach zwei souveränen Weltcup-Auftritten in Dubai und der Türkei (jeweils Fünfter) schickt sich der sechsmalige Deutsche Rallyemeister zusammen mit Marathon-Co Thomas Schünemann an, "das Ziel auf einer ordentlichen Position" zu erreichen: "Mehr ist bei der Premiere kaum drin", bleibt Kahle realistisch. Am Auto sollte es nicht liegen: sein Buggy-Honda (V6, ca. 280PS) landete bei der vergangenen Ausgabe als bestes zweiradangetriebenes Fahrzeug auf Gesamtrang acht. Um auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein, beschäftigen sich die beiden noch einmal intensiv mit dem Auto.


Mercedes ML 350 Evo II von Ellen Lohr und Detlef Ruf. Foto: Auto-Reporter/Mercedes-Benz

"Steckachsen wechsle ich fast im Schlaf", schmunzelt der Hamburger Software-Experte Schünemann. In einem weiteren Buggy wird ebenfalls deutsch gesprochen - wenn auch nicht während der Tour. Für sein Wüsten-Debüt holte sich der Österreicher Raphael Sperrer, den Skandinavier Ola Floeme ins Cockpit des vom bayrisch-sächsischen 2drive-Team eingesetzten Renault-Buggy (V6, ca.275 PS). Sperrer: "Nach den gelungenen Tests in Luxemburg und Österreich bin ich zwar zuversichtlich, setze mir aber bewusst kleine Ziele. Erst wenn wir den Ruhetag in Noukachott erreicht haben, denke ich über den zweiten Teilabschnitt bis Dakar nach. Sollte ich zwischendurch eine gute Etappe hinlegen, wäre ich nicht unglücklich."


Der Honda-Buggy von Matthias Kahle und Thomas Schünemann. Foto: Auto-Reporter

Ähnlich sehen es Ellen Lohr und Detlef Ruf. Nach der missglückten Dubai-Ausfahrt gewarnt, konzentriert sich das von Mercedes-Benz unterstützte Mixed-Team mit ihrem rund 350 PS starken Prototypen-Mercedes ML 350 Evo II des schwäbischen Privattems von ORC darauf, möglichst flott nach Dakar zu kommen. Die 40-jährige Rundstreckepilotin, die als bisher einzige Frau einen DTM-Lauf gewinnen konnte: "Auto und Team sind bereit. Sollten wir ankommen, glaube ich fest daran, dass wir es in die Top-20 schaffen." Spätestens am 15. Januar, wenn das zerflederte Feld der abenteuerlustigen Amateure und professionellen Werksfahrer die Zielrampe in Dakar ansteuern wird sich zeigen, wer sich diesmal am schnellsten durch Afrika wühlte.(Auto-Reporter.netr/rk)

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