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160 Kilometer am Abschleppseil, ein Etappensieg mit gebrochenem Querlenker und ein Reifenschaden auf dem allerletzten Kilometer: Matthias Kahle und Dr. Thomas M. Schünemann blicken auf eine spannende Rallye Dakar mit einem ebenso erfreulichen wie dramatischen Ende zurück. Die Chronik einer Erfolgsgeschichte mit einigen überraschenden Hürden.

160 Kilometer am Abschleppseil, ein Etappensieg mit gebrochenem Querlenker und ein Reifenschaden auf dem allerletzten Kilometer: Matthias Kahle und Dr. Thomas M. Schünemann blicken auf eine spannende Rallye Dakar mit einem ebenso erfreulichen wie dramatischen Ende zurück. Die Chronik einer Erfolgsgeschichte mit einigen überraschenden Hürden.

„Unser Ziel ist der Sieg in der Buggy-Klasse“, so lautete die Ansage von Matthias Kahle und Dr. Thomas M. Schünemann vor dem Start der 33. Rallye Dakar. Nach Platz Zwei im Vorjahr wäre es für die Piloten des HS RallyeTeams nach 2009 der zweite Klassensieg bei der härtesten Rallye der Welt.

Und der rote SMG-Diesel-Buggy mit der Startnummer 314 lag von der ersten Minute an voll auf Kurs: Mit zwei Tagessiegen zu Beginn untermauerten der siebenfache deutsche Rallye-Meister Kahle und sein Hamburger Copilot Schünemann nicht nur ihre Vormachtstellung in der Buggy-Wertung, sie schufen sich auch ein kleines Polster von 17 Minuten. Drei Reifenschäden auf der dritten Etappe waren für die Mission Klassensieg zwar ein kleiner Dämpfer und kosteten sie kurzfristig auch die Führung in ihrer Kategorie. Als es in die Atacamawüste ging, waren Kahle und Schünemann allerdings nicht mehr zu stoppen. Trotz eines Querlenkerschadens in den chilenischen Dünen gewann das HS RallyeTeam bis zum Ruhetag in Arica alle Wertungsprüfungen. Nach sechs von 13 Etappen hatten Kahle/Schünemann bereits mehr als zweieinhalb Stunden Vorsprung auf den zweitschnellsten Buggy von Ronan Chabot. In der Gesamtwertung lagen die Deutschen auf der 13. Position – selbst bei ihrem Klassensieg im Jahr 2009 hatten sie die zweite Rallye-Hälfte nur von Rang 20 aus in Angriff genommen.

Spätestens jetzt war es an der Zeit, sich an höheren Zielen zu orientieren – und die waren schneller zum Greifen nah, als es das Team aus Hamburg selbst für möglich gehalten hätte. Während viele Favoriten den hohen Dünen, dem weichen Sand und den scharfkantigen Steinen in der Atacamawüste zum Opfer fielen, liefen Kahle und Schünemann zu Höchstform auf. Auf der 508 Kilometer langen „Königsetappe“ von Antofagasta nach Copiapo erzielte die Buggy-Crew mit Platz Acht ihr bestes Tagesergebnis bei einer Dakar überhaupt. In der Gesamtwertung festigten sie damit die zehnte Position, die sie Tags zuvor übernommen hatten. Das HS RallyeTeam war damit endgültig zur großen Überraschung dieser Rallye avanciert.

Zwei Tage später geriet jedoch auch der rote SMG-Buggy ins Straucheln: Wie im Vorjahr schienen dem Arbeitsgerät von Matthias Kahle und Thomas Schünemann die weißen Dünen von Fiambala nicht zu bekommen. Nach gerade einmal 15 Wertungskilometern legte ein Kabelbrand die Elektronik lahm. Eine Sicherung sorgte dafür, dass der Motor nach wenigen Momenten wieder ausging. Nichts ging mehr. Die Buggy-Piloten mussten auf die Hilfe ihres MAN-Racetrucks warten, der ebenfalls im Wettbewerb startet und schon nach wenigen Minuten vor Ort war.

Die Lkw-Besatzung Mathias Behringer, Hugo Kupper und Jochen Seiler nahm den lädierten Buggy an den Abschlepphaken und schleppte ihn 160 Kilometer durch die Dünen bis ins Ziel der Etappe. Sogar die Werkspiloten von Volkswagen hielten dieses Unterfangen für unmöglich, aber im Endeffekt erreichte der Buggy mit „nur“ fünfeinhalb Stunden Zeitverlust das Ziel der Prüfung. Das Erstaunliche daran: Kahle/Schünemann hatten vorher so viel Vorsprung herausgefahren, dass sie dank der großartigen Hilfeleistung ihren zehnten Platz in der Gesamtwertung behaupteten – wenn auch nur mit 20 Minuten Abstand auf den Niederländer Eric van Loon im allradgetriebenen Mitsubishi Racing Lancer.

Im nächtlichen Biwak legte das Team eine Sonderschicht ein und machte den Buggy für die nächste Etappe wieder flott. Es ging darum, die zehnte Position zu verteidigen. Immerhin trennten sie „nur“ noch drei Tage und 1.358 Kilometer von einem echten Traumresultat. Kahle und Schünemann legten ein beeindruckendes Tempo an den Tag und hielten den fliegenden Holländer gut in Schach, die Reifen ihres SMG-Buggy hätten ihnen jedoch fast einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Auf der allerletzten Etappe hatten Kahle/Schünemann 60 Kilometer vor dem Ziel den ersten Plattfuß, sie wechselten den Reifen in unter fünf Minuten und fuhren weiter. Doch auf dem letzten Wertungskilometer verabschiedete sich der nächste Reifen. Kahle/Schünemann humpelten auf einem „Dreirad“ ins Ziel – und verteidigten dennoch die zehnte Position in der Gesamtwertung. Damit ist zum ersten Mal seit 2006 wieder ein Buggy in den Top Ten der Gesamtwertung zu finden. Für das HS RallyeTeam ist es nach 2009 der zweite Klassensieg bei der Rallye Dakar und der insgesamt sechste Triumph in der Buggy-Kategorie bei einer Wüstenrallye.

Endergebnis der Rallye Dakar 2011
Pos. Fahrer / Beifahrer Fahrzeug Gesamtzeit
1. Al Attiyah / Gottschalk VW Race Touareg 3 45h16’16
2. De Villiers / von Zitzewitz VW Race Touareg 3 +49’41
3. Sainz / Cruz VW Race Touareg 3 +1h20’38
4. Peterhansel / Cottret BMW X3 CC +1h43’48
5. Holowczyc / Fortin BMW X3 CC +4h11’21
6. Miller / Pitchford VW Race Touareg 3 +4h54’42
7. Leal dos Santos / Fiuza BMW X3 CC +6h50’07
8. Lavieille / Polato Dessoude Nissan +7h57’18
9. Spinelli / Haddad Mitsubishi Racing Lancer +8h23’37
10. Kahle / Schünemann SMG-Diesel-Buggy +15h11’56
11. Van Loon / Scholtalbers Mitsubishi Racing Lancer +15h21’21
13. Chabot / Pillot SMG-Buggy +21h31’57
16. Patissier / Delli Zotti MD-Buggy +25h36’06

Über das HS RallyeTeam

Das HS RallyeTeam ist seit seiner Premiere im Jahr 2004 eines der erfolgreichsten Buggy-Teams bei Wüstenrallyes. Bei zwölf Starts erzielte das Team aus Hamburg sechs Klassensiege, unter anderem bei der Dakar 2009 und 2011, und dreimal Platz Zwei. Als Fahrer setzt das HS RallyeTeam auf den siebenfachen Deutschen Rallye-Meister Matthias Kahle (Köln). Neben ihm nimmt der erfahrene Copilot Dr. Thomas M. Schünemann (Hamburg) Platz, der nicht nur auf Rallyestrecken erfolgreich unterwegs ist, sondern auch Gründer und Geschäftsführer der HS - Hamburger Software GmbH & Co. KG ist.
Fotos: DPPI

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