50 Millionen Euro hat sich DaimlerChrysler allein den Museumsbau kosten lassen. Der allerdings wird auch Kenner mit der Zunge schnalzen lassen. Die dynamische Grundform fließender Formen wurde in die bergige Landschaft der Stadt eingebettet.
Der "Klotz" in Bad Cannstatt mit 80 Metern Kantenlänge fügt sich gar nicht wie ein solcher ins Hügelset. Dafür haben die Architekten und Ingenieure nicht weniger als 35 000 Pläne erstellt, die während des Baus ständig aktualisiert wurden. Von den rund 1800 Scheiben, die viel Licht in das Gebäude lassen, gleicht angeblich nicht eine der anderen.
Die 630 Kilometer Leitungen - das entspricht der Strecke von Stuttgart nach Paris - wurden zu großen Teilen unter den Beton gelegt. Alles im Gebäude fließt irgendwie, entsprechend gibt es kaum gerade Wände. Die Architekten sagen, noch vor fünf Jahren wäre ein solches Gebäude nicht möglich gewesen.
Die Software musste im Bauprozess weiter entwickelt werden, damit bestimmte Formen statisch berechnet und ausgeführt werden konnten. Die Leitung der Architekten hatte der Niederländer Prof. Bert van Berkel inne, der sich den Auftrag über einen international ausgeschriebenen Wettbewerb gesichert hatte.
All das wird die meisten Besucher weniger interessieren. Sie kommen wegen der Autos. Und davon gibt es reichlich. 150 Exponate, darunter zahlreiche Rennwagen und Nutzfahrzeuge, stehen in den heiligen Hallen. Insgesamt sieben so genannte Mythosräume und fünf Themenräume wecken Neugier und fügen die Fahrzeuge teilweise in einen historischen Kontext. Dabei arbeitet sich der Besucher von oben nach unten über Kreisbahnen vor - ohne dass ihnen ein Weg aufgezwungen wird. Die Fahrt nach oben erledigen drei futuristisch gestaltete Fahrstühle. Bis zu 1200 Besucher gleichzeitig können sich in der Ausstellung bewegen.
Neben Führungen gibt es auch Audio-Guides, die in acht Sprachen - darunter Chinesisch - Besucher akustisch durch die Hallen führen. Auch ein spezielles Kinderprogramm ist möglich, wenn auch nur in Deutsch und Englisch. Das alte Museum lockte im vergangenen Jahr 500 000 Besucher an, bot aber nach der Eröffnung 1961 bald zu wenig Platz. Trotzdem war es Mercedes zufolge das erfolgreichste seiner Art. Der Neubau bietet fast doppelt so viele Exponate. Und bei aller Architektur bleibt das Auto der Star der Ausstellung. Auch die Sicherheit wurde groß geschrieben: Im Fall eines Brandes erzeugt ein Flugzeugturbine einen künstlichen Tornado, der den Rauch absaugt.
Der Kommerz kommt natürlich nicht zu kurz: Über eine so genannte "Passage" mit zahlreichen Shops und Restaurants gelungen die Besucher direkt ins ebenfalls nagelneue Mercedes-Benz-Center Stuttgart. Dort stehen rund 130 Fahrzeuge zum Anschauen, Probesitzen und natürlich kaufen bereit. Die Verantwortlichen gehen davon aus, dass viele Besucher des Museums danach auch noch beim Händler vorbeischauen. Hier können sie - in Gegensatz zur Ausstellung - die Fahrzeuge auch berühren oder testen. Dem Beispiel der Autostadt in Wolfsburg ist Mercedes nicht gefolgt. In Stuttgart können nur Kunden ihr Fahrzeug abholen, wenn es auch hier gekauft wurde.
Acht Euro Eintritt kostet die Ausstellung, Kinder bis 15 zahlen nichts, für
Schüler und Studenten gibt es eine Ermäßigung. Also durchaus
familienfreundliche Preise. Geld verdient DaimlerChrysler mit dem Museum übrigens
nicht. Dafür hat das Unternehmen sich und der Stadt mit dem stilprägenden
Bau ein Denkmal gesetzt. Die Wiege des Automobils stand übrigens um die
Ecke: In Bad Cannstatt entwickelten 1886 Daimler und Benz ihre ersten Fahrzeuge.
(Auto-Reporter.net/sb)
Fotos: Auto-Reporter.net / Mercedes-Benz