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• Zum Geburtstag das schönste Geschenk: Marcus Grönholm
• Der Lokalmatador dreht auf und sorgt für klare Verhältnisse
• Red Bull Skoda Team verzeichnet am Schlusstag zwei Ausfälle - keine Punkte
• Manfred Stohl nach Ausfall gestern noch auf Platz 17
„Bosse“ bereitete sich zum 38. Geburtstag selbst das schönste Geschenk: Marcus Grönholm entschied am Sonntag zum vierten Mal den Rallye-WM-Lauf in Schweden zu seinen Gunsten. Der Finne gewann am Steuer seines neu entwickelten und von BFGoodrich ausgerüsteten Ford Focus RS ein bis zum letzten Meter spannendes Duell gegen den amtierenden Weltmeister Sébastien Loeb. Nach 348,88 Kilometern Vollgas durch die skandinavischen Wälder nördlich von Karlstad betrug sein Vorsprung auf den Franzosen am Ende der 19. Wertungsprüfung gerade mal 30,9 Sekunden. Nach dem Sieg bei der Rallye Monte Carlo bauten Grönholm und Beifahrer Timo Rautiainen sowie Ford und BFGoodrich ihren Vorsprung in beiden WM-Wertungen nach zwei von 16 Saisonläufen aus.

Wer geglaubt hatte, die Rallye-Weltmeisterschaft wäre nach dem offiziellen Rückzug verschiedener Werksteams im Vergleich zu den Vorjahren nur noch ein Abklatsch ihrer selbst, der muss sein Urteil spätestens nach dem zweiten Saisonlauf revidieren: Die Königskategorie der Quertreiber fasziniert auch weiterhin mit spannenden Duellen und spektakulären Aktionen auf den Wertungsprüfungen. Wie schon bei der Rallye Monte Carlo entpuppten sich auch die Rallye-Winterspiele in den verschneiten Wäldern Schwedens als Sekunden-Krimi der Sonderklasse. Erneut im Mittelpunkt des Geschehens: Doppelweltmeister Marcus Grönholm, jüngst von Peugeot zu Ford gewechselt, sowie der ebenfalls zweimalige Titelträger und amtierende Champion Sébastien Loeb im werksunterstützten Citroën Xsara WRC. Insbesondere auf den rasanten Eispisten nicht von unwesentlicher Bedeutung: Beide Fahrer vertrauen auf Rallye-Pneus von BFGoodrich.

Der erbitterte Kampf um den Sieg begann gleich auf der ersten Prüfung, der 18,14 Kilometer langen WP „Fredriksberg 1“: Grönholm sicherte sich die Führung mit einem Vorsprung von 2,8 Sekunden auf Loeb. „Unsere Reifen waren perfekt“, strahlte der Finne. „Sie sahen noch so gut aus, dass wir sie vor der zweiten WP nicht einmal von vorne nach hinten wechseln mussten.“ Und fügte grinsend hinzu: „Dazu wäre es bei minus 13 Grad sowieso zu kalt gewesen. Unser Ford besitzt keine Heizung - auf den Verbindungsetappen sind wir ziemlich durchgefroren.“

Auch der zweite Test, die 26,4 Kilometer lange „Lejen 1“, ging trotz eines Drehers an den Focus WRC-Piloten: „Wir haben uns gleich am ersten Abzweig vertan und wären fast von der Strecke geflogen“, berichtete der gelernte Landwirt. Doch auch Loeb musste mit Ungemach kämpfen: Nach dem Entfernen der Zusatzscheinwerfer war die Motorhaube nicht richtig verschlossen worden. Auf dem Weg zur zweiten Prüfung schlug sie hoch, demolierte die Windschutzscheibe und ließ sich anschließend erst recht nicht wieder proper arretieren. Ergebnis: Der Citroën-Pilot erreichte die folgende Zeitkontrolle zu spät und bekam zehn Strafsekunden aufgebrummt. Aktueller Rückstand auf den Führenden: 19,0 Sekunden.

Das Missgeschick schien wie eine Motivationsspritze der besonderen Art zu wirken, das Duell wurde noch furioser. Auf WP 3 verkürzte Loeb um 6,6 Sekunden, WP 4 (26,4 km) setzte der Elsässer ebenfalls die Bestzeit und knabberte weitere 0,8 Sekunden vom Vorsprung des Ford-Piloten ab. Gleiches Bild auf WP 5: Nach 20.40,5 Minuten Fahrtzeit über die mit knapp 40 Kilometer längste Aufgabe des ersten Tages war Loeb erneut schneller als Grönholm - wieder nur um 0,8 Sekunden. Und mit einem Sieg auf der Zuschauerprüfung am Ende der ersten Etappe raspelte der amtierende Champion nochmals 0,6 Sekunden ab und verkürzte auf 10,2 Sekunden Rückstand - Zeitstrafe bereits eingerechnet. „Es macht keinen Sinn, über diese verlorenen zehn Sekunden weiter zu debattieren“, zog Loeb einen Schlussstrich. „Wir liefern uns einen fantastischen Kampf. Bei diesen perfekten Konditionen müssen wir ans absolute Limit gehen. Als Zweitplatzierte starten wir als Jäger und nicht als Gejagt in den zweiten Tag. Das Duell geht weiter!“

Zwischenstand nach dem ersten Tag: Hinter Grönholm und Loeb haben sich die beiden Mitsubishi-Piloten Giggi Galli und Daniel Carlsson auf den Plätzen drei und vier etabliert. Ex-DTM-Champion Mathias Ekström belegte im von BFGoodrich ausgerüsteten Red Bull-Skoda Fabia WRC einen glänzenden Rang fünf und ließ damit auch die beiden Bozian-Peugeot von Manfred Stohl und Henning Solberg hinter sich. Die 307 CC WRC rollen ebenfalls auf Pneus von BFGoodrich. Pech hatte Mikko Hirvonen im zweiten Werks-Focus RS: Der Finne rangierte lange auf der dritten Position, als er seinen Wagen mit überhitztem Motor kurz vor Ende der 40-Kilometer-Prüfung sicherheitshalber abstellen musste. „Eine Schande“, trauerte der 25-Jährige. „Wir waren so gut unterwegs…“


Der Lokalmatador dreht auf und sorgt für klare Verhältnisse
Der Samstag brachte in Schweden bereits so etwas wie eine Vorentscheidung: Nachdem er die Einstellungen der - aufgrund der aktuellen Reglementsänderungen fortan mechanisch statt elektronisch geregelten - Differenziale seines Ford auf die aktuellen Bedingungen hatte adaptieren lassen, geigte Grönholm groß auf. Auf den ersten fünf der insgesamt sieben Wertungsprüfungen der zweiten Etappe legte der schlaksige Finne die Bestzeit vor. „Das lief richtig gut“, freute sich der Führende. „Das Auto lag nach kleineren Änderungen phantastisch, wir waren permanent einen Hauch schneller als Sébastien.“

Der Titelverteidiger mit dem besonderen Gespür für Schnee - 2004 hatte Loeb noch als erster Nichtskandinavier überhaupt die Rallye Schweden für sich entschieden - konnte dem nicht viel entgegensetzen. „Wenn Marcus sich mit seinem Auto eins fühlt, dann ist er kaum zu schlagen“, zückte der 31-Jährige im Etappenziel mit den Schultern. 25,1 Sekunden betrug sein Rückstand. „Aber wir haben uns zweimal bei der Reifenwahl vertan. Zuerst entschieden wir uns für kurze Spikes, wo die längeren besser gewesen wären. Dann griffen wir zu den längeren und lagen erneut daneben. Aber noch ist die Rallye nicht vorbei. Wir greifen am Sonntag noch einmal an und geben unser Bestes!“

Auf den Plätzen drei und vier hatte sich das markeninterne Duell des Vortages fortgesetzt: Nach 13 von 19 Prüfungen war es nunmehr Mitsubishi-Pilot Daniel Carlsson, der vor Giggi Galli im zweiten Lancer WRC lag - mit einem Vorsprung von 0,3 Sekunden... Spannend ging es auch dahinter zu: Lediglich 0,1 Sekunden trennten Mathias Ekström von Janne Tuohino in einem privat eingesetzten Citroën Xsara WRC. Der Tourenwagen-Profi war kurzfristig von Platz fünf auf sieben zurückgefallen, als sich die beiden Peugeot-Bändiger Manfred Stohl und Henning Solberg an ihm vorbei gepresst hatten. Doch beiden wurde ein und die gleiche Rechtskurve zum Verhängnis, in denen sie ihre 307 CC WRC jeweils aufs Dach legten. Besonderes Pech für Stohl: Der Österreicher riss seinem Boliden auch noch ein Vorderrad heraus und musste endgültig aufgeben.


Der Sieg von BFGoodrich-Partner Marcus Grönholm hing am seidenen Faden
Der Zweikampf um Platz eins setzte sich auf den letzten 90 Kilometern der Rallye Schweden mit unverminderter Vehemenz fort - und wurde sogar noch einmal richtig spannend. Auf der kurzen WP 14 setzte ein furios attackierender Loeb die Bestzeit und knöpfte dem Führenden 0,2 Sekunden ab. Auf WP 15 folgten die nächsten 1,5 Sekunden. Und beim darauffolgenden Test ließ Grönholm gar 9,0 Sekunden liegen - allerdings nicht aus eigenem Verschulden: Das Hydrauliksystem seines Focus RS wies einen Defekt auf. „Gottlob passierte dies auf einer sehr kurzen Prüfung“, atmete Ford-Teamchef Malcolm Wilson erleichtert auf.

Sein Fahrer revanchierte sich nach erledigter Reparatur unverzüglich mit Bestzeiten auf den verbliebenen drei WP und schenkte sich damit pünktlich zu seinem 38. Geburtstag den vierten Sieg bei der WM-Rallye Schweden. Auch seine Mannschaft hatte besonderen Grund zum Jubeln: Es war nicht nur der zweite Erfolg des neuen Focus RS WRC beim zweiten Start, sondern auch der 50. WM-Lauf, den das Werksteam von Ford in der Geschichte dieser Weltmeisterschaft erringen konnte. Selbst Sébastien Loeb freute sich über Rang zwei: „ein toller Kampf und ein tolles Resultat“, so der Franzose.

Das Mitsubishi-interne Duell um Rang drei entschied Daniel Carlsson knapp vor Giggi Galli für sich. Mit Mathias Ekström schied - nach dem Österreicher Andreas Aigner - auch der zweite Pilot des Red Bull-Skoda-Teams aus. „Eki“ hatte mit seinem Fabia WRC einen Schneewall touchiert und sich dabei den Ölkühler demoliert. Citroën-Privatier Janne Tuohino, damit auf Rang fünf vorgerückt, schied in Sichtweite des Ziels der letzten Prüfung mit Motorschaden aus. Er machte Platz für den Subaru von Thomas Radström und wurde noch als Neunter gewertet.

Für BFGodrich, Reifenpartner von Ford und dem Kronos-Citroën-Team, hätte der Start in die erste Rallye-WM-Saison der Firmengeschichte nicht besser verlaufen können: Mit den Erfolgen in Monte Carlo und Schweden sind die ersten beiden Erfolge eingefahren. „Dieser zweite Saisonlauf war eine tolle Veranstaltung mit vereisten Prüfungen für die beiden ersten Etappen und etwas Schnee am Finaltag. Fahrer, Autos und auch die Reifen mussten ihr bestes geben. Wie bei der ,Monte' kam es erneut darauf an, nicht nur die richtigen Pneus, sondern auch die richtigen Spikes auszuwählen - Eis verhält sich bei -15 Grad Celsius völlig anders als bei -2 Grad. Ein Phänomen, das den unterschiedlichen Sandarten bei der Rallye Dakar ähnelt“, erläutert Aimée Chatard, Leiter der Rallye-Aktivitäten von BFGoodrich.

BFGoodrich bot seinen Partner zwei Sorten von Spikes an: „Lange“, die die erlaubte Dimension von 20 Millimetern voll ausschöpfen, und die so genannten „Kurzen“. Sie gucken gerademal einen halben Millimeter weniger aus den Profilblöcken heraus, wirken sich aber dennoch massiv auf die Traktion der Pneus aus.


Red Bull Skoda Team verlässt Schweden etwas enttäuscht
Mit seinem zweiten Saisonsieg kann der Finne Marcus Grönholm nicht nur seine Führung in der Fahrerweltmeisterschaft weiter ausbauen, sondern er feiert in Karlstadt heute auch seinen 38. Geburtstag: „ Für mich das schönste Geschenk. Es war sehr hart, Sebastien war immer in Schlagdistanz, ich durfte mir nicht den geringsten Fehler leisten,“ so das Geburtstagkind.

Das Red Bull Skoda Team verlässt Schweden etwas enttäuscht. Beide Autos sind erst am Schlusstag ausgefallen, nachdem sie in den ersten beiden Rallyetagen durchaus positiv bilanziert hatten. Mattias Ekström ist auf der SP 14 heute wegen Unfalls ausgeschieden, zu diesem Zeitpunkt lag der Schwede an fünfter Position und damit in den Fahrer- und Markenpunkterängen. Andreas Aigner wurde kurz vor dem Start der SP 16 von der Teamleitung zurück gepfiffen, man wollte wegen der gebrochenen Zündkerze einen größeren Schaden am Motor verhindern.


Statistisches:
Rallye Schweden, 2. Lauf zur Rallye-WM 2006 (3. bis 5. Februar 2006); Gesamtlänge: 1447,76 Kilometer, davon 19 Wertungsprüfungen über 348,88 Kilometer; längste WP: 39,95 Kilometer (WP 5 und 11: Vargasen); größte WP-Distanz von Service-Punkt zu Service-Punkt: 53,88 Kilometer (WP 9 bis 11); Anzahl der möglichen Reifenwechsel: 10. Start und Ziel: Karlstad. WP-Bestzeiten: Grönholm (10), Loeb (8), Galli (1). Nach Marken: Ford (10), Citroën (8), Mitsubishi (1). Nach Reifenherstellern: BFGoodrich (18), Pirelli (1).


Ergebnis:

1. Grönholm / Rautiainen Ford Focus RS WRC BFG 3:09.01,9 Stunden
2. Loeb / Elena Citroën Xsara WRC BFG 30,9 Sekunden zurück
3. Carlsson / Holmstrand Mitsubishi Lancer WRC 2.56,8 Minuten zurück
4. Galli / D'Amore Mitsubishi Lancer WRC 3.03,8 Minuten zurück
5. Radström / Skallman Subaru Impreza WRC 5.53,3 Minuten zurück
6. Katajamäki / Alanne Ford Focus WRC 04 BFG 7.34,8 Minuten zurück
7. Pons / Del Barrio Citroën Xsara WRC BFG 8.35,6 Minuten zurück
8. Solberg / Menkerud Peugeot 307 CC WRC BFG 9.01,5 Minuten zurück
9. Joge / Andersson Peugeot BFG 9.17,2 Minuten zurück
10. Tuohino / Pietilainen Citroën Xsara WRC BFG 9.43,0 Minuten zurück
WM-Zwischenstand nach zwei von 16 Läufen

Fahrerwertung:
Fahrer Marke Punkte
1. Marcus Grönholm Ford BFG 20
2. Sébastien Loeb Citroën BFG 16
3. Toni Gardemeister Peugeot BFG 6
4. Daniel Carlsson Mitsubishi 6
5. Manfred Stohl Peugeot BFG 5
6. Giggi Galli Mitsubishi 5
7. Stéphane Sarrazin Subaru 4
8. Thomas Radström Subaru 4
9. Chris Atkinson Subaru 3
10. Kosti Katajamäki Ford BFG 3

Markenweltmeisterschaft:
Marke Punkte
1. Ford BFG 26
2. Kronos-Citroën BFG 24
3. OMV-Peugeot BFG 10
4. Subaru 8
5. Stobart-Ford BFG 7
6. Red Bull-Skoda BFG 3

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