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  • Ein ausführlicher Blick auf die beginnende Formel 1 Saison
Ein Jahr nach der Michael Schumacher Ära wird es in der Königsklasse des Motorsports wohl kaum an Spannung fehlen. Am kommenden Wochenende startet die Formel 1-Saison 2007 im australischen Melbourne. Insgesamt 17 Rennen stehen auf dem Programm - am 22. Juli 2007 ist die Formel 1 auf dem Nürburgring zu Gast. In diesem Jahr müssen laut FIA-Reglement alle zehn F1-Team mit Einheitsreifen der japanischen Marke Bridgestone fahren. Zudem wurde die technische Basis des 2,4-Liter V8-Motors eingefroren. Das neue Reglement schreibt eine Drehzahlobergrenze von 19 000 Umdrehungen pro Minute vor. Ein Referenzmotor des jeweiligen Herstellers wurde der FIA übergeben, der dann bis 2010 eingesetzt werden darf.

"Es wird interessant sein, zu sehen, wie sich die für vier Jahre homologierten Motoren der verschiedenen Hersteller beim ersten Kräftemessen im Wettbewerb bewähren", sagt Norbert Haug, Mercedes-Benz Motorsportchef, vor dem GP Australien in Melborne. Wer hat seine Hausaufgaben vor dem Saisonstart in Australien besonders gut gemacht? Spätestens am Sonnabend nach dem ersten Qualifying wird sich zeigen, wer die Nase vorn hat. Bereits während den Testfahrten, die Anfang des Jahres in Spanien und Bahrain gefahren wurden, haben sich Ferrari und McLaren-Mercedes als starke Gegner empfohlen. "Ferrari ist am stärksten, speziell bei den Wintertests. Im vergangenen Jahr war Ferrari bei einigen Tests im August und September auch unglaublich schnell, aber in den Rennen lag alles sehr eng beisammen. Ich denke, für die Rennen werden die Karten neu gemischt. Das Wichtigste ist, dass wir mithalten können, dann liegt der Rest in unseren Händen", sagt Weltmeister und McLaren-Mercedes Pilot Fernando Alonso. Nichts ist älter als die Rundenzeiten von gestern: Test ist Test und Rennen ist Rennen.

"Da der Mercedes-Benz V8-Formel-1-Motor im vergangenen Jahr als höchstdrehender im Feld bereits über 20 000 Umdrehungen pro Minute erreichte, musste das Aggregat im Rahmen der von der FIA erlaubten Retuning-Maßnahmen modifiziert werden", erläutert Haug. Um das Drehzahl-Limit einzuhalten, mussten die Ingenieure des Mercedes-Benz High Performance Engines in Brixworth und den Kollegen in Stuttgart die notwendigen Änderungen in erster Linie im Brennraum, Nockenwellen, Ein- und Auslässe sowie Kolben vornehmen. "Sie haben alle ausgesprochen harte sechs Monate hinter sich, um die bestmögliche Motor-Spezifikation fristgerecht bis zum 1. März mit allen Motor-Einzelteilen zur Homologation abzuliefern. Ein Wettrennen neben der Rennstrecke, wie wir es bisher noch nie in ähnlicher Intensität hatten", erklärt Haug.

Die Motoren-Entwickler stehen in der Formel 1 nun nicht mehr im Mittelpunkt. Luca Marmorini, Technischer Direktor Motor im Toyota Panasonic Racing Team, ist nicht sonderlich glücklich: "Wir haben noch viele Ideen, aber die FIA hat die Möglichkeiten stark beschränkt, das heißt, dass viel Entwicklungsarbeit am Motor gestoppt werden musste. Als Ingenieur mag man so was natürlich gar nicht." 2007 muss ein V8-Triebwerk an zwei Renn-Wochenenden gefahren werden  mit Ausnahme beim freien Training am Freitag vor dem Renn-Sonntag. Hintergrund: Die beiden Trainingseinheiten am Freitag (nicht mehr 60 sondern nun 90 Minuten lang) sollen für die Zuschauer an Attraktivität gewinnen. Zusätzlich hat die FIA noch ein drittes freies Training am Sonnabend ins Programm gehoben, bevor um 14 Uhr das Zeittraining für die Startaufstellung ausgefahren wird. McLaren-Mercedes hat insgesamt acht V8-Motoren mit nach Australien genommen, von denen sich drei bereits in den beiden Einsatzfahrzeugen von Fernando Alonso und Lewis Hamilton sowie im T-Car befinden. Mercedes-Benz Motorsportchef Norbert Haug erläutert: "Die Motoren in den Rennfahrzeugen werden nach dem Freitagstest gewechselt und durch Motoren ersetzt, die dann die zwei Renn-Wochenenden in Melbourne und in Sepang absolvieren sollen."

Nachdem die Entwicklung am Formel 1-Motor eingefroren ist und die Einheitsreifen montiert werden müssen, liegt das Entwicklungspotenzial noch stärker in Richtung Aerodynamik. "Wir werden dien Reifen nun nicht mehr weiterentwickeln, aber das heißt nicht, dass die Reifen nun die Entwicklung des Autos kontrollieren, denn egal, welche Charakteristik die Reifen haben, es wird immer noch darum gehen, das Beste aus Ihnen herauszuholen", erläutert Pascal Vasselon, Technischer Direktor Chassis beim Toyota Formel 1 Team. In Melbourne wird der neue Toyota TF107 schon ein komplett neues Aerodynamikpaket haben als es noch am Jahresanfang auf der Vorstellung des Boliden zu sehen war. "Ein zweites großes Update wird recht früh in der Saison kommen, gleich nach den Überseerennen", kündigt Vasselon bereits heute an  am 13. Mai 2007 findet in Barcelona der 4. WM-Lauf Grand Prix Spanien statt und damit der erste Europa-GP des Jahres.

Freitags stehen den Teams jetzt 90 Minuten pro Testsitzung zur Verfügung. Dabei dürfen maximal zwei Formel 1-Rennwagen eines jeweiligen Teams auf der Strecke fahren. Insgesamt kann das Team an dem Tag acht Reifensätze verwenden, die anschließend zurückgegeben werden müssen. Am Sonnabend erhält jeder Fahrer zehn neue Reifensätze von Bridgestone, mit denen er den Rest des Wochenendes bestreiten muss. Im Rennen müssen die Teams beide Spezifikationen der neuen Einheitsreifen von Bridgestone verwenden. Die unterschiedlichen Reifen werden so markiert sein, dass die Wahl auch für die Zuschauer nachvollziehbar sein soll. Aus dieser strategischen Aufgabe ergibt sich eine zusätzliche Unbekannte vor der Saison, die nach zahlreichen Personalwechsel und Neuerungen an Spannung ohnehin kaum zu überbieten scheint.

In Deutschland stellen sich die zahlreichen Fans von Michael Schumacher die Frage: Wer wird die Lücke schließen? Das der siebenfache Formel 1-Weltmeister Michael Schumacher nach dem Ende seiner Karriere eine Lücke hinterlässt, ist für die Fans klar. Wird es ein abflachendes Interesse für die Formel 1 in Deutschland, ähnlich wie beim Rückzug von Boris Becker im Tennis, geben? Experten glauben nein. "Wir sind sehr gut aufgestellt, ich mache mir überhaupt keine Sorgen um die Formel 1 in Deutschland", kommentiert Mario Theissen, BMW Motorsport Direktor, die Diskussion, "dass in Monza im vergangenen Jahr zwei deutsche Hersteller hinter Michael Schumacher auf dem Podium standen, war doch genau das richtige Signal für die Zukunft." Und Fernando Alonso, zweifacher F1-Weltmeister und McLaren-Mercedes Werksfahrer sagte heute während der FIA Pressekonferenz in Melbourne: "Ich glaube nicht, dass ich ihn vermissen werde."

In der Formel 1 wird zunehmend Deutsch gesprochen: Mit Ralf Schumacher (31) und Nick Heidfeld (29) haben sich zwei deutsche Fahrern bereits über Jahre in der Formel 1 etablieren können. Michaels Bruder Ralf im Toyota unterwegs, glaubt weiterhin an seinen Erfolg, obgleich der Rheinländer mit Wohnsitz in Salzburg noch keinen Sieg für Toyota einfahren konnte. Auch der Wahl-Schweizer Nick Heidfeld aus Mönchengladbacher kann nicht annähernd an die Erfolge von Michael Schumacher anknüpfen. "Nick ist ein erfahrener Mann im Team, sowohl was die Laufbahn in der Formel 1 als auch die Zugehörigkeit zum Team angeht. Er ist für Sauber gefahren und bestreitet 2007 seine dritte Saison für BMW. Er ist also mit dem Team und dessen Arbeitsweise bestens vertraut", erklärt Mario Theissen, BMW Motorsport Direktor. Heidfeld konnte mit insgesamt 23 WM-Punkte in der Gesamtwertung 2006 den 9. Platz belegen, immerhin drei Punkte mehr als Toyota-Pilot Ralf Schumacher, der mit 20 WM-Punkten auf dem 10. Platz landete.

Als talentierter Joungster unter den deutschen F1-Piloten gilt Nico Rosberg, der schon seit 2006 im WilliamsF1 Team unterwegs ist. Nico, 21 Jahre jung und Sohn des Ex-Formel 1 Weltmeisters Keke Rosberg, lebt in Monaco und hat seine familiären Wurzeln in Wiesbaden: "Ich besuche meine Oma so oft es geht." Nico Rosberg wird in diesem Jahr neben dem Österreicher Alexander Wurz (32) seinen Stammplatz einnehmen können. Das WilliamsF1 Team ist 2007 mit Toyota-Motoren am Start, "das ist großartig ein teil von Toyota zu sein", freut sich Nico. Derzeit jüngster Formel 1-Fahrer ist der 19-jährige Sebastian Vettel, der 2006 für BMW Sauber erstmals während des Freitagstrainings im F1-Cockpit saß. Seine Visitenkarte gab der ehrgeizige Deutsche aus Heppenheim bereits als Freitagsfahrer mit Trainingsbestzeiten im vergangenen Jahr in Istanbul und Monza ab. Wird er das schwere Erbe von Michael Schumacher antreten können? "Ich konnte mir erst nicht vorstellen, dass er wirklich zurücktritt. Er hat die Formel 1 geprägt und gleich mehrere Fahrergenerationen überlebt. Er ist für alle schwierig, sich vorzustellen, wie die Formel 1 ohne ihn sein wird", sagt Vettel, der Formel 1-Rennen gewinnen will und zukünftig den Weltmeister-Titel im Visier hat, "ich war noch nie in Australien und freue mich sehr darauf, in Melbourne dabei zu sein und dort am Freitag zu fahren."

Mit Adrian Sutil steht der vierte deutsche Formel 1-Fahrer, neben Schumacher, Heidfeld und Rosberg, in der Saison 2007 am Start. Der 24-jährige Sutil steuert einen Spyker-Ferrari aus dem niederländischen Team, bei dem Ex-Toyota-Mitarbeiter Mike Gascoyne Technikchef ist. Um vordere Plätze wird Suitl kaum fahren können, der auf dem Vorjahreswagen basierende Spyker kann erst zur Saisonmitte durch ein neues Modell ersetzt werden. Gascoyne kann sicherlich dem kleinen Formel 1-Team wertvolle Dienste erweisen, aber gegen die großen Werksteam hat das Privatteam keine Chance auf einen Podiumsplatz. Debütant Suitl, der im vergangenen Jahr japanischer Formel 3-Meister und 2005 Zweiter in der F3-Euroserie war, muss 2007 noch viel lernen: "Ich kenne nur sechs von den 17 Grand Prix-Strecken." Neben den erwähnten Stammfahrer in der Formel 1 steuert Deutschland vier weitere Testfahrer bei: Mit Vettel greift auch Timo Glock (24) bei BMW Sauber, Markus Winkelhock (26) bei Spyker-Ferrari und Michael Ammermüller (23) bei Red Bull ins heiß begehrte Lenkrad. Fest steht, dass Deutschland in der Nationen-Wertung ganz vorne aufgestellt ist, nur wie wird es in der Fahrer-WM aussehen? (Auto-Reporter.net/ph)

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