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  • Einer der Stefan Bellof als Fahrerkollegen erlebte
  • Warum Salzburg-Feistenau auch "Bellofland" ist
Das erste mal erblickte ich Stefan Bellofs Fahrkünste Ende 1980 in Hockenheim, als ich erstmals ein Formel Ford-Rennen besuchte um die Szene zu beschnuppern. Ich hatte ein paar recht vielversprechende Testfahrten absolviert und suchte nun nach einem Einstieg. Ein Fahrer stach mit seinem Stil aus der mir völlig unbekannten Menge hervor. Er gewann das Rennen locker und hatte diesen idealen Mix zwischen sichtbarem Speed und einer sehr sauberen Linie. “Wer ist das?” “Das ist der Bellof”, antwortete man mir. “Der ist der diesjährige Meister” Aha! Sagte mir zwar nix, da ich mich auch in der deutschen Kart-Szene nicht auskannte, merkte mir den Namen aber trotzdem.

Die nächste Begegnung mit Stefan war auf der Piste. Doch auch diesmal war mir das nicht sofort klar. Nach zwar guten aber chaotischen ersten Rennen Ende 1980, bei denen keiner der Meisterschaftsfahrer dabei war, nahm ich im Vorjahresauto von Volker Weidler an den Vorsaison-Tests teil. Ich war recht flott unterwegs, aber eben noch immer ein Lehrling. Als ich nach einem Run die Box anlief und das mit der Behutsamkeit und Vorsicht eines unerfahrenen Fahrers tat, drosch plötzlich einer haarscharf innen vorbei, halb auf dem Gras, geht fürchterlich quer in den Rechtsknick der Boxeneinfahrt hinein. Ich konnte gerade noch warnehmen, dass es ein gelbes Auto war, erkannte einen weissen Helm.


Rennmonteur Franz Meier aus Salzburg und Jungstar Stefan Bellof

Halb beeindruckt, halb fassunglos fragte ich an der Box meinen Teamchef, Weidler Senior. “Das kann ja nur der Bellof gewesen sein”, antwortete der einigermassen angefressen. Offenbar war das Manöver Absicht, Stefan glaubte wohl Volker sei in seinem alten Auto unterwegs, an dessen neuen, soeben eingetroffenen Van Diemen RF81 wurde noch geschraubt. Es war der Vorbote einer Saison voller Streitereien, Anschuldigung und Proteste zwischen den Teams dieser beiden. Mir war das wurscht, Bellof und Weidler würden ohnehin in der ONS-Meisterschaft für intenationale Lizenzinhaber fahren, die Zeiten der Favoriten für die national Meisterschaft, an der ich teilnehmen würde, waren durchaus auf meinem Niveau.

Das erste mal so richtig um die Wurscht gegen Stefan ging es beim in Mainz-Finthen. Da ich damals unweit von Mainz wohnte, war das so etwas wie mein Heimrennen, auch wenn es ein Gastspiel bei einem ONS-Lauf würde. Die Topleute in jener Serie waren Stefan und sein Teamkollege Bartl Stadler, Volker und Markenkollege Thomas Holert, die hier von Van Diemen-Importeur Peter Kröber Verstärkung erhielten. Stefan und Peter tobten bereits im Training um den Flugplatzkurs als ging es ums schiere Leben. Ich hing mich für eine einzige Runde dran, dann liess ich mich zurückfallen, So wie die quer zwischen den Reifenstapeln rumflogen, würden da wohl noch die Fetzen fliegen.

Die überraschung war allgemein recht gross, als mein Name auf dem dritten Rang der Zeitenliste auftauchte. Genau, die eine Runde hinter den beiden hatte es in sich. Es sollte mein fünftes Autorennen werden, keiner hatte eine Ahnung wer ich bin oder wo ich herkomme, denn die meisten kannten sich von der Kartbahnen. Das Glück im Kart Erfahrung zu sammeln hatte ich nicht gehabt, denn ich wurde zwar in Brasilien geboren, aber die Familie na so exotischen Orten wie dem Iran. Da gabe s bestenfalls Kamel- oder Hammelrennen. Der einzige, der nicht argwöhnisch reagierte, einschliesslich meinem Teamkollegen (...), war eben Stefan. Der grinste mich breit an und meinte schlicht: “Gute Runde, was?” Wir plauschten ein wenig und er hatte sichtbar Spass daran, sein wieherndes Lachen zeigte das deutlich, dass ich seine Widersacher in einem Vorjahresauto mit Allerweltsmotor verblasen hatte. Dass Rennen gewann er, ich habe mit der alten Kiste gut mitgehalten, fürs Podest reichte es aber nicht.

Beim einzigen weiteren Ausflug zu einem ONS-Lauf hätte ihm theoretisch das Lachen vergehen müssen, denn ein paar Wochen später am Salzburgring stand ich vor ihm in der Startaufstellung. Diesmal stand Weidler auf der Pole, wir waren aber keine Teamkollegen mehr. Ich hatte inzwischen einen nagelneuen Royale RP29 angeboten bekommen, aber Weidlers Motorenlieferant, Peter Gärtner aus Pforzheim, war auf mich aufmerksam geworden und hatte mit meinem Teamchef Andreas Herbst die Belieferung ausgemacht. Grund genug für Lechner hinter meinen Zeiten einen “linken” Motor zu vermuten, immerhin standen drei Gätmo-Fahrer vor seinen beiden Fahrern und der Walter begann den Ford-Ingenieuren mächtig in den Ohren zu liegen.

Stefan blieb mir gegenüber gelassen, er hatte meine erste Testfahrt mit dem neuen Auto in Hockenheim verfolgt. Wir hatten uns damals zur Mittagspause im Restaurant des Motodrom-Hotels getroffen. Sein Teamkollege Bartl Stadler machte daraus ein echtes Verhör, denn bei der Lechner-Truppe machte sich der Verdacht breit, Weidler Senior bezahle meine Einsätze um Störaktion gegen Bellof und Stadler zu fahren. Schön wärs ja gewesen. Ich meine den Teil mit den bezahlten Einsätzen. Ich hatte nicht einmal genug Geld für die nationale Meisterschaft, für die ONS-Läufe war schon gar nix übrig. Ich würde nur in Salzburg fahren, weil das Angebot günstig war und es ein paar freie Testtage dazu gab um das Auto kennenzulernen. Dass ich nun in einem anderen Modell bei einem anderen Team zu fahren gedenke passt so gar nicht in deren Denkschema.

Als wir die diversen Passagen des kleinen Kurses des alten Hockenheimrings bei Apfelschorle besprachen, stellte sich heraus, dass der zweite und dritte Gang des Royale wohl nicht optimal übersetzt waren. Stefan wusste, welche Zeiten ich gefahren bin. Und zu dem Zeitpunkt war noch der Motor eines englischen Tuner drin. Während dem Stadler immer mehr die Kinnlade runter ging, grinste Stefan nur vor sich hin. Unvermeidlich auch von Weidler zu reden und als ich zum besten gebe, wie der gute Volker bei meinem ersten Besuch auf deren Firmengelände das teuere BMW Coupé des Seniors breitseits in meinen frisch restaurierten 914er semmelte, fällt der Stefan vor Lachen fast vom Bänkle.

Das Rennen in Österreich wird übrigens unter einer sintflutartigen Bedingungen gestartet, Stefan powert wild schlingernd auf der Geraden in völligem Blindflug und volles Risiko an mir vorbei und balgt sich vorn mit Weidler. Ich kann nicht mithalten, mein Auto ist völlig falsch abgestimmt, viel zu hart, zu wenig Reifendruck. Ich bringe lieber das Auto heil heim, statt in dieser verrückten Wasserschlacht mein Budget in Gefahr zu bringen. Mein nach dem Training verplomter Motor wird nach dem Rennen “aufgemacht” und natürlich als völlig legal befunden. Sorry Walter. Das waren die einzigen beide Male, bei denen ich mit Stefan am Start stand. Gemessen an seinem erwiesenen Können und meiner mangelnden Erfahrung, kann ich eigentlich zufrieden sein. Stefan gewann die ONS-Meisterschaft, ich wurde sein Nachfolger als Nationaler Meister.

Auf der Strecke haben wir uns leider nie mehr getroffen, daneben schon ab und an mal, meist im Formel 1-Fahrerlager. Das letzte Mal am Nürburgring beim Grand Prix. Ich krebste noch immer in der Formel Ford 2000 herum, mit vermeintlicher Karriereförderung durch Nelson Piquet, Stefan war halt bereits F1-Pilot. Aber unverändert unkompliziert. Wochenspäter, am 1. September, weilte ich in München, hatte für den nächsten Montagmorgen einen vielversprechenden Termin mit einer grossen Computerfirma. Der Geschäftsführer war ex-Rennfahrer und war von dem geplanten Einsatz bei Bilstein-Supercup begeistert. Das Einsatzfahrzeug: Ein Porsche 956. Es sollte nie zum Termin kommen, die schockierende Nachricht von Stefans tödlichem Unfall vernichtete jede Chance auf dieses Sponsoring. Doch der Schock um die Unfassbarkeit des Unfallhergangs und des tragischen Ausgangs überwog. Ein paar Wochen debütierte ich freudlos im Formel 3. Es war mein letztes Rennen, es fiel mir nun leichter diesen Traum aufzugeben.

Damals empfand ich es als nichts besonderes Aytron Senna und Stefan Bellof auf und neben der Rennstrecke zu begegnen. Als junger, ambitionierter Kerl, überzeugt von den eigenene Fähigkeiten, waren das nur Fahrer dies es zu schlagen galt. Auch wenn sie unbestreitbar ganz besondere Qualitäten besassen. Heute sind es mir wertvoll gewordene Erinnerungen, für die ich dankbar bin.
Text: Mario-Alberto Bauér

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