- Zahlreiche Patente von Maybach ebnen den Weg für das Automobil
- Es sind mit die produktivsten Jahre des genialen Konstrukteurs
Auf den Konstrukteur Wilhelm Maybach gehen in der Frühzeit des Automobils zahlreiche grundlegende Erfindungen zurück. Der kongeniale Partner von Gottlieb Daimler löst viele Technikprobleme, und mehrere seiner Patente haben ihre grundsätzliche Gültigkeit bis in heutige Fahrzeuge erhalten. Am 24. Dezember 1897 wird beispielsweise der von Maybach entwickelte Röhrchenkühler als deutsches Gebrauchsmuster (Nr. 107 418) angemeldet, der die Motorkühlung entscheidend verbessert. Erstmals genutzt wird er im sogenannten „Phönix-Wagen“ (1897), dem ersten Personenwagen der Daimler-Motoren-Gesellschaft mit vorn eingebautem Motor.
24. Dezember 1897: Der Röhrchenkühler von Wilhelm Maybach
debütiert
Die damligen Jahre zählen zu Maybachs produktivster Zeit. Weitere Beispiele
seines Schaffens sind der Riemenantrieb mit Wechselgetriebe, dessen Patente
(DRP 68 492, 70 577, 75 069) er zusammen mit der Schwungradkühlung (DRP
70 260) bereits am 13. September 1892 eintragen lässt. Die Patente werden
zwischen Mai 1893 und Mai 1894 erteilt und erstmalig im Daimler Riemenwagen
(1895) genutzt.
Der Daimler Riemenwagen überzeugt mit seiner Laufruhe, der vergleichsweise
hohen Geschwindigkeit und dem geschmeidigen Gangwechsel. Er findet viele Anhänger,
unter anderem den späteren König Edward VII., der in ihm 1896 seine
erste Autofahrt unternimmt.
Das Fahrzeug hat vier Vorwärtsgänge und einen Rückwärtsgang.
Die Patente Maybachs sorgen dafür, dass ein anderer Gang mit Hilfe von
Spannrollen nur dann gewählt werden kann, wenn der bis dahin eingerückte
ausgeschaltet ist. Das erste Patent zum Riemenantrieb trägt den Titel
„Riemen- oder Lastwechselgetriebe mit abwechselnd angedrückten
Spannrollen“, das zweite heißt „Einrichtung zur Riemen-
oder Seilaus- und Einrückung mittels Spannrollen“. Das dritte befasst
sich mit einer federnden Lagerung der Antriebsvorrichtung.
Das vierte Patent aus dem Jahr 1892 zur Schwungradkühlung beschäftigt
sich ausschließlich mit der Rückführung des Kühlwassers
– eines der drängenden Probleme der Zeit. Denn die Motoren haben
mittlerweile eine so hohe Betriebssicherheit erreicht, dass sie über
mehrere Stunden laufen können. Bei den vorherigen Konstruktionen verdampft
das Kühlwasser noch zu einem sehr großen Teil, nachdem es seinen
Dienst versehen hat, und der leere Wassertank wird bei Bedarf nachgefüllt.
Aufgrund der nun möglichen längeren Strecken reicht diese Lösung
jedoch nicht mehr aus. Die Schwungradkühlung trägt auf einfache,
aber effektive Weise zur vergrößterten Reichweite bei: Maybachs
Erfindung leitet das Kühlwasser auf die Innenseite des Schwungradkranzes,
wird herumgeschleudert und dadurch abgekühlt, wieder aufgefangen und
in den Vorratsbehälter zurückgebracht. Aus heutiger Sicht mag dieses
Verfahren merkwürdig klingen, doch damals bedeutet es einen großen
Fortschritt. Denn mit Hilfe der Schwungradkühlung sinkt der Wasserbedarf
auf ein Drittel der vorherigen Menge, statt sechs bis neun Liter pro PS und
Stunde sind es nur noch zwei bis drei Liter.
Diese Rückkühlung findet in Stationär- und Fahrzeugmotoren
Verwendung. 1897 wird sie vom Röhrchenkühler abgelöst. Denn
die Motorleistung ist erneut gestiegen, sie liegt nun bereits um die 10 PS
(7,4 kW). Da muss die Kühlung Schritt halten, und Maybach findet erneut
eine wirkungsvolle Lösung. Maybach formuliert die Wirkungsweise so: „Apparat
zum Kühlen des die Zylinder von Explosionsmotoren umströmenden Wassers,
bestehend aus einem flachen Gefäß, welche von einer großen
Anzahl von Röhren durchzogen wird, wobei ein die Röhren beständig
durchziehender, von einer geeigneten Ventilationseinrichtung erzeugter Luftstrom
dem Kühlwasser die Wärme entzieht.“ Die Röhren bestehen
wegen der guten Wärmeleitfähigkeit aus Messing.
Die stärkeren Phönix-Motoren werden nicht als modifizierte Zweizylinder
konstruiert, sondern von vornherein als Vierzylinder. Gleichzeitig verabschiedet
sich die Daimler-Motoren-Gesellschaft im Phönix-Wagen vom Riemengetriebe
und baut ein Viergang-Zahnrad-Wechselgetriebe ein.
Der Röhrchenkühler des Phönix-Wagens hat eine Zeit Bestand
– bis wiederum höhere Motorleistungen eine bessere Kühlung
erfordern. Maybach erfindet den Bienenwabenkühler mit einer erneuten
Effektivitätssteigerung, der wenige Jahre darauf, am 20. Dezember 1900,
zum Patent angemeldet wird (DRP 122 766). Er löst das Kühlungsproblem
endgültig. Sein Debüt feiert er im Mercedes 35 PS, dem ersten Fahrzeug
der Daimler-Motoren-Gesellschaft mit der Markenbezeichnung „Mercedes“.
Es gilt als das erste moderne Auto, denn mit diesem von Wilhelm Maybach entwickelten
Fahrzeug löst sich die Automobilkonstruktion endgültig vom Kutschenbau.
Zu den Innovationen des Mercedes 35 PS zählen neben dem Bienenwabenkühler
ein Pressstahlrahmen mit niedrigem Fahrzeugschwerpunkt, der leistungsstarke
Motor, die schräg stehende Lenkung, die Kulissenschaltung, die gleich
großen Räder an Vorder- und Hinterachse sowie das geringe Gewicht.