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  • 1954 und 1955 im Mercedes-Benz Team
  • „Herrmann ist unbedingt ein Naturtalent und ein sehr ausdauernder Fahrer.“ (Alfred Neubauer)
  • Bis heute große Verbundenheit zur Marke mit dem Stern

Am 23. Februar 2008 feiert Hans Herrmann seinen 80. Geburtstag. Sein Name ist eng verbunden mit dem Wiedereinstieg von Mercedes-Benz in die Formel 1 nach dem Zweiten Weltkrieg. Der junge Stuttgarter ist eins der großen Nachwuchstalente der Nachkriegszeit und beim ersten Grand-Prix-Rennen der neuen Mercedes-Benz Silberpfeile 1954 in Reims einer der Fahrer neben bekannten Namen wie Juan Manuel Fangio und Karl Kling.


Hans Herrmann trat 1954 in das Mercedes-Rennteam ein

Der damalige Rennleiter Alfred Neubauer holt den jungen Rennfahrer zur Saison 1954 ins Team, nachdem Herrmann erste Testfahrten erfolgreich gemeistert hatte. Neubauer hatte damals an den Vorstand berichtet: „Herrmann ist unbedingt ein Naturtalent und ein sehr ausdauernder Fahrer.“ Er bekommt einen Platz in einem der Silberpfeile (Typ W 196 R), die für den Wiedereinstieg in die Formel 1 entwickelt worden sind. Bei den Test- und Probefahrten demonstriert Herrmann immer wieder seine schnelle und sichere Fahrweise. Ein Trainingsunfall im Mai 1954 in Hockenheim verläuft glimpflich, und rasch kommt der große Tag heran.


Großer Preis von Frankreich in Reims, 4. Juli 1954. Hans Herrmann (Startnummer 22) am Steuer des Mercedes-Benz Formel-1-Rennwagen W 196 R mit Stromlinienkarosserie

4. Juli 1954. Die neuen Silberpfeile treten in Reims zu ihrem ersten Grand-Prix-Rennen an. Hans Herrmann startet aus der dritten Reihe, seine Teamkollegen Juan Manuel Fangio und Karl Kling von den Startplätzen 1 und 2. Nach wenigen Runden hat Herrmann mehrere Fahrer hinter sich gelassen. Dabei fährt er sogar noch Rundenrekord – 2:32,9 Minuten gleich 195,463 km/h. Schließlich liegen alle drei W 196 R in Führung. „Und genau so wären wir auch ins Ziel gekommen“, erinnert sich Hans Herrmann. Da ereilt ihn in der siebzehnten Runde das Pech: „Der Motor brachte keine Leistung mehr und versagte schließlich.“ Die Fahrzeuge von Fangio und Kling hingegen funktionieren perfekt. Sie setzen sich immer weiter vom Feld ab, kreisen schließlich mit einer Runde Abstand zum nächsten Teilnehmer – und holen einen Doppeltriumph für Mercedes-Benz, mit Fangio als Sieger des Großen Preis von Frankreich. Mit einem Paukenschlag meldet sich Mercedes-Benz im Grand-Prix-Geschehen zurück und belebt den Mythos der Silberpfeile neu. Der Freude nicht genug: Am gleichen Tag holt die deutsche Fußballnationalmannschaft in Bern die Weltmeisterschaft.


Großer Preis von Frankreich in Reims, 4. Juli 1954: Im Mercedes-Benz W 196 R Stromlinienwagen der spätere Sieger Juan Manuel Fangio (Startnummer 18), daneben Karl Kling (Startnummer 20), dahinter Hans Herrmann (Startnummer 22)

Bei sämtlichen nachfolgenden Grand-Prix-Rennen ist Hans Herrmann mit im Mercedes-Benz Team und hat Anteil an dessen Erfolg. Dabei steht er etwas im Schatten von Fangio und Kling. Doch als „Junior“ bei einem Altersunterschied von rund 20 Jahren hat er sich dennoch nie zurückgesetzt gefühlt: „Es gab keinen Grund, mich zu beklagen“, sagt der bescheidene Mann, „es war doch klar, ich war nun einmal der Jüngste und ich habe immer nur gedacht 'Ich lerne ja noch’.“


Hans Herrmann
* 23.2.1928, Stuttgart/D

1954-1955 Formel 1-Junior im Team Mercedes-Benz, unzählige Siege in Sportwagenrennen, zum Beispiel bei den 12 Stunden in Sebring, der Targa Florio und bei den 24 Stunden von Le Mans (1970 auf Porsche 917)

Dass Herrmann schon gut gelernt hat, zeigt sich in Monza am 5. September 1954: Fangio und Kling erhalten Stromlinien-Autos, die für den schnellen Kurs besser geeignet sind. Der Rennwagen von Kling fällt aus, Fangio fährt auf den ersten Platz. Herrmann kommt mit einem „ungeeigneteren“ Monoposto auf Rang 4 – alle Achtung.


Dreifachsieg auf Mercedes-Benz 196 R mit Stromlinienkarosserie beim Großen Preis von Berlin auf der Avus, 19. September 1954: Erster wurde Karl Kling (Startnummer 4), Zweiter Juan Manuel Fangio (Startnummer 2) und Dritter Hans Herrmann (Startnummer 6)

Herrmanns erster Siegertreppchen-Triumph auf einem Silberpfeil findet beim Grand Prix der Schweiz in Bern am 22. August 1954 statt: Er fährt auf Platz 3. Es ist ein typisches Monoposto-Rennen, viele Kurven gilt es zu durcheilen. Fangio belegt Platz 1, Klings Auto fällt mit defekter Maschine aus.

Das Avus-Rennen am 19. September beenden die Mercedes-Benz Fahrer mit einem Dreifach-Sieg in der Reihenfolge Kling – Fangio – Herrmann. bei diesem Hochgeschwindigkeits-Wettbewerb fahren alle drei Stromlinien-W 196 R. Gleichzeitig bricht Kling mit 213,5 km/h den Rekord für das schnellste Rennen der Nachkriegszeit.


Großer Preis von Deutschland und Europa, Nürburgring, 1. August 1954. Sieger Juan Manuel Fangio (Startnummer 18) auf Mercedes-Benz W 196 R Monoposto liegt vor Stirling Moss (Startnummer 16) auf Maserati 250 F, gefolgt von Hermann Lang (Startnummer 21) auf W 196 R Monoposto, dahinter Hans Herrmann mit W 196 R Stromlinienkarosserie

In der Rennsaison 1955 kommt der Mille Miglia große Bedeutung zu. Erstmals wird der Mercedes-Benz 300 SLR (Typ W 196 S) eingesetzt, ein Sportrennwagen mit der Technik des Grand-Prix-Fahrzeugs. Die Startnummern für das Rennen sind ausgelost worden. Fangio startet vom Team als erster (mit der Nummer 658, also um 6.58 Uhr, drei Minuten danach Kling (701), dann kommt Herrmann (704), und Stirling Moss folgt mit der 722 – und rundherum um sie ein Feld von Ferrari, Maserati & Co. Insgesamt nehmen rund 450 Wagen teil.


Großer Preis von Frankreich, Reims 1954.
Das Mercedes-Benz Rennfahrer-Team von links: Hans Herrmann, Juan Manuel Fangio und Karl Kling.

„Teil dir das Rennen richtig ein. Der Moss wird wahrscheinlich so bolzen, dass er im letzten Drittel keine Bremsen mehr hat. Wenn du flott, aber schonender fährst, hast du dann eine Chance.“ An diese Worte seines Beifahrers Hermann Eger erinnert sich Hans Herrmann. Er kennt die Vorteile einer umsichtigen Fahrweise.


Das Team Herrmann/Eger beim Start der Mille Miglia im Jahre 1955.

Zunächst läuft alles bestens für ihn. Rasch hat er sich auf den zweiten Platz hinter Stirling Moss vorgeschoben und hält diese Position. Herrmann weiß: Wenn er sich nun die Bremsen einteilt, kann er Moss, der wohl zum Ende des Rennens keine Beläge mehr haben wird, auf den letzten Kilometern angreifen. Das Auto mit der Startnummer 704 funktioniert perfekt. Tankstopp in Rom – und die schnelle Fahrt geht weiter. Da springt plötzlich mit einem Knall der Tankdeckel auf, und Treibstoff ergießt sich auf Fahrer und Beifahrer. Ein Benzinschwall dringt hinter Herrmanns Rennbrille, er sieht die nächste Kurve nicht, touchiert eine Felswand und kommt unsanft zum Stehen – da ist Beifahrer Eger schon aus dem Auto und damit aus der brenzligen Situation gesprungen. Die Mille Miglia ist für sie zuende. „Es ist das einzige Rennresultat in meiner Karriere, dass mich heute noch wurmt. Wir hätten Moss eingeholt!“, glaubt er fest. „Wir haben uns ununterbrochen gejagt. Moss kam auf dem blanken Bremsblech ins Ziel. Und er weiß, dass wir an ihn rangekommen wären.“ Vor dem letzten Drittel des Rennens hat Moss einen gewaltigen Vorsprung vor Fangio, mehr als 20 Minuten. Er fährt materialschonender und beendet die Mille Miglia dennoch mit einem Rekord, der bis heute gültig ist. Fangio kommt auf Platz zwei ins Ziel: Doppelsieg für Mercedes.


Das Team Herrmann/Eger beim Start der Mille Miglia im Jahre 1955.

Im Mercedes-Benz Rennkalender für 1955 stehen sieben Sportwagenrennen und zehn Läufe in der Formel 1 – eine aufwändige Saison. Herrmann ist als Reservefahrer für Fangio, Kling und Moss vorgesehen. Im Mai 1955 springt er beim Grand Prix von Monaco für Kling ein. Im Training am Ende der langen Steigung hoch zum Casino bremst Herrmann bei etwa 180 km/h, als ein Rad blockiert. Der Wagen bricht aus, schlägt an den Bordstein und bohrt sich mit großer Wucht in eine Steinbalustrade. Herrmann hat schwerste Verletzungen am Becken und den Rückenwirbeln. Er wird nach der Erstbehandlung in einem von Daimler-Benz gecharterten Flugzeug in eine Spezialklinik nach München gebracht. Dort verbringt er mehrere Monate – und gesundet nahezu vollständig, erlangt seine volle Fahrfähigkeit wieder. Doch zu einem Einsatz für Mercedes-Benz kommt es nicht mehr. Bereits Anfang 1955 hatte das Unternehmen intern beschlossen, sich zum Jahresende aus dem Motorsport zurückzuziehen, um die frei werdenden Ressourcen für die Pkw-Entwicklung zu nutzen. Dieser Schritt wird im Oktober vollzogen. Damit ist Herrmanns Engagement für Mercedes-Benz beendet.



In den folgenden Jahren fährt Herrmann für mehrere Marken. Zahlreiche Triumphe sammelt er auf Porsche. Für diese Marke geht er auch 1970 in Le Mans ins 24-Stunden-Rennen. Beim Verabschieden fragt ihn seine Frau, die ihm schon öfter den Ausstieg nahe gelegt hatte, ob er diesmal aufhöre, wenn er gewinne. Er antwortet mit einem knappen „Ja.“ Und tatsächlich: Er fährt den Porsche 917 mit der Startnummer 23 zum Sieg, seine Teamkollegen belegen die Plätze 2 und 3. Hans Herrmann hält die Zusage an seine Frau ein, Le Mans ist sein letztes Rennen als Profifahrer – und der Sieg ein großes Ende für eine erfolgreiche, 19 Jahre währende Karriere im Rennsport.


Hans Herrmann

Herrmann findet seine neue Bestimmung: Er gründet in der Nähe von Stuttgart ein Handelsunternehmen für Autozubehör. Auch hier hat er eine gute Hand und findet immer wieder Nischenprodukte, die er erfolgreich vermarktet. Heute noch ist er fast jedem Tag im Büro. Zur Rennsportszene und auch zu aktuellen Fahrern hält er gute Kontakte. Zu Mercedes-Benz hat er den Draht nie verloren, regelmäßig fährt er auf Klassiker-Veranstaltungen „seine“ Mercedes-Benz, mit denen er in den 1950er Jahren brillierte, den W 196 R und den 300 SLR. Und immer noch hat er große Freude dabei. Die Verbundenheit zu der Marke mit dem Stern drückt sich auch in seinem Firmenlogo aus: Es zeigt einen stilisierten Silberpfeil.

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